Es ist wieder Advent – für die meisten Menschen heute ein Synonym für «Vorweihnachtszeit». Diese hat in den Geschäften dieses Jahr allerdings schon im Oktober begonnen – der Markt hat da seine eigenen Gesetzmässigkeiten. Und das hat sogar den Vorteil, dass die Adventszeit dann frei werden kann vom Einkaufs-Stress mit den Geschenken für die Liebsten. Doch erleben wir dafür die Adventstage umso adventlicher? Ja, wir leben schon in Erwartung: Zum Beispiel des Klimakollapses, der Stromknappheit, der «Migrationsüberflutung», der wirtschaftlichen Stagflation oder der nächsten Pandemie, doch haben diese Erwartungen mehr mit apokalyptischen Ängsten zu tun, als mit adventlicher Erwartung. Sehnsucht, Hoffnung und Erwartung richten sich im christlichen Sinn nämlich auf das Reich Gottes, von dem wir glauben, dass es damals mit Jesus bereits angebrochen ist. Beim adventlichen Warten geht es auch nicht um ein passives Abwarten, sondern um ein Warten mit innerer Spannung, um ein gezieltes Ausschau-Halten. Und genau genommen warten da nämlich zwei: Es geht im Advent auch um Gottes Erwartungen an uns Menschen. Seine Erwartung ist unser Leben – in Verantwortung für die Welt – barmherzig und mitfühlend. Den Erwartungen Gottes entgegenzuschauen und gleichzeitig dieses Warten mit Leben zu füllen – das bedeutet Advent im Horizont des christlichen Glaubens. Darum ist uns diese Zeit des Advents dazu geschenkt, unser Warten zu überprüfen: Ob es ein tatenloses Warten ohne Sinn und Ziel sei oder ein wachsames Warten im Blick auf die Erwartungen Gottes, mit uns zusammen seine Schöpfung menschlich zu machen.
In diesem Sinn wünsche ich uns allen erfüllte Adventstage.
Text: Hanspeter Aschmann | Foto: Claudia Rieben