Seelsorger*in-Sein heisst Da-Sein

Ich bin nun seit bald zwei Jahren in der Kirchgemeinde Rapperswil-Jona als Pfarrerin tätig und schätze die abwechslungsreichen und vielfältigen Tätigkeiten in meinem Beruf sehr. Besonders schön finde ich die persönlichen Begegnungen und Gespräche mit den Menschen hier vor Ort. Das kann ein kurzer Austausch, spontan auf der Strasse oder bei einer Veranstaltung sein, oder ich besuche die Leute bei ihnen zu Hause. So besuche ich Menschen anlässlich ihres Geburtstages, führe Tauf- oder Konfirmandengespräche, mache Sterbebegleitung oder suche die Menschen beim Verlust eines geliebten Menschen auf. Dabei begegne ich Menschen unterschiedlichsten Alters, in unterschiedlichen Lebenssituationen, mit ihren ganz eigenen Bedürfnissen und Anliegen. Und ich nehme Anteil an ihren Lebensgeschichten, an ihren (Glaubens)Fragen, an ihrem Suchen nach dem Sinn des Lebens, an ihren Nöten. Ich höre den Menschen zu, schenke ihnen meine Zeit und bin ganz einfach da. Das ist in meinen Augen das Wichtigste als Seelsorgerin: Da sein. Und sich mit den Menschen freuen, mit ihnen dankbar sein, mit ihnen klagen und trauern. Dabei stehe ich unter Schweigepflicht, was wichtig ist, um eine Vertrauensbasis aufzubauen, denn die Gespräche sind oft sehr persönlich. Die Begegnungen bereichern mich jeden Tag aufs Neue, fordern mich jedoch auch immer wieder heraus. So führe ich manchmal innerhalb eines Tages ganz unterschiedliche Gespräche mit völlig konträren Inhalten und Stimmungslagen. Da muss ich mir dann vorher jeweils bewusst Zeit nehmen, um mich auf das andere Gespräch einzustellen.
Durch meine Besuche als Seelsorgerin bin ich viel in Rapperswil-Jona unterwegs. Meistens trifft man mich auf dem Velo an. Ich bin unterwegs zu den Menschen. Noch wichtiger aber finde ich, dass ich mit den Menschen unterwegs bin. Und sie ein kleines Wegstück auf ihrem Lebensweg begleiten und unterstützen kann.

Text: Belinda Dietziker | Foto: Ref-rajo